Frei und doch nicht frei: Das Bordell in Daulatdia, Bangladesch

Bangladesch ist nicht nur ein wunderschönes Land, welches eine tropische Vielfalt bietet und als Reiseziel anziehend ist. Es ist vor allem geprägt von Armut und Naturkatastrophen. Dass es auch das größte Bordell der Welt beherbergt, das weiß jedoch kaum jemand.
Daulatdia ist das einzige vom Staat legal akzeptierte Sex-Etablissement in einem sehr muslimisch geprägten Land und liegt an einem viel befahrenen Verkehrspunkt nur gute 100 km von der Hauptstadt Dhaka entfernt. Momentan sind schätzungsweise rund 1.500 Frauen im Alter von 10 bis 40 Jahren im Bordell tätig. Gesetzlich müssten die Frauen, die sich prostituieren, 18 Jahre alt sein. In der Realität sind es meistens Minderjährige, die aus verschiedenen Gründen ihren Körper für Geld verkaufen müssen. Die meisten Mädchen kommen aus sehr armen Verhältnissen und werden von ihren Familien an Menschenhändler für rund 370 Euro verkauft oder von Männern unter falschen Versprechen nach Daulatdia gelockt und dort zur Prostitution gezwungen. Der Kaufpreis, den ein Mädchen erzielt, hängt von ihrer intakten Jungfräulichkeit ab. Somit erfahren diese Mädchen ihre ersten sexuellen Erfahrungen in diesem Bordell. Was das für seelische Narben mit sich zieht, ist kaum denkbar. Eine Statistik zur Selbstmordrate gibt es nicht. Doch es ist gut vorstellbar, dass es einige gibt, die so ihrem Schicksal dort entfliehen wollten.
Viele Frauen, die dort in der Prostitution sind, werden aber auch in dieses Leben unverschuldet als Resultat der kaum vorhandenen Verhütungsmöglichkeiten hineingeboren. Denn Kondome sind zum einen sehr teuer, zum anderen können die Frauen bis zu 4 Euro mehr verlangen, wenn sie diese weglassen. Statistiken über Geschlechtskrankheiten werden über dieses Thema nicht geführt. Die Kinder, die in dieses Leben hineingeboren werden, haben keine Perspektiven und keine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Die Mädchen müssen schon sehr früh ihre Mütter im Bordell unterstützen und gehen bereits im Alter von 11 Jahren anschaffen. Die Jungs werden in vielen Fällen Drogen- oder Menschenhändler. Denn neben der Prostitution in Daulatdia sind auch der Drogen- und Alkoholhandel nicht weit. Hinzu kommt noch das erwünschte Schönheitsideal der Freier. Diese wünschen sich füllige Frauen. Das ist aber unter den Lebensumständen dort auf natürlichem Wege nicht möglich. Daher nehmen viele Frauen Oradexon. Dieses Medikament wird meistens in der Tierzucht zum Muskelaufbau genutzt. Es hat erhebliche Nebenwirkungen und führt bei längerer Einnahme zum Organversagen. Dieses Risiko nehmen die Frauen aber bereitwillig in Kauf: Denn ein Tag ohne Freier ist ein Tag ohne Geld! Zusätzlich können sie auch etwas mehr Geld verlangen. Dennoch „Sich reich sparen“, um aus dem Bordell verschwinden zu können, ist so gut wie unmöglich. Der Lohn pro Freier variiert zwischen 60 Cent und 10 Euro. Der gesamte Lohn geht aber für die Lebenshaltungskosten drauf.  Unterstützung seitens des Staates oder der Väter der Kinder in Form von Unterhaltszahlungen ist schlichtweg surreal.
Doch eine kleine Hoffnung gibt es. Hilfsorganisationen haben eine Schule für die Kinder der sich Prostituierenden nicht weit vom Bordell eröffnet. Die Kinder können dort lesen, schreiben und rechnen lernen und entkommen für ein paar Stunden dem Alltag aus dem Bordell. Jedoch werden nicht alle von ihren Müttern zur Schule geschickt, da die Kinder so kein Geld verdienen können. Vielleicht aber auch, weil sie die Hoffnung auf ein besseres Leben für ihre Kinder aufgegeben haben. Ein Leben außerhalb des Bordells ist fast unmöglich. Frauen, die aus dem Bordell kommen, gelten als unrein. Männer wollen sie nicht heiraten und eine Ausbildung bleibt ihnen aufgrund der fehlenden oder kaum vorhandenen schulischen Bildung verwehrt. Eine Flucht kommt auch nicht in Frage, da die Schläger des Bordells sie abhalten und hart bestrafen. Mit 40 Jahren sind die Frauen für die Freier zu alt und werden in den „Ruhestand“ geschickt. Doch oftmals wissen sie nicht wohin sie gehen sollen und bleiben bis zu ihrem Tod in Daulatdia. Das Bordell ist kein Gefängnis, doch die Lebensumstände sind oftmals schlechter und es muss sich bestimmt so anfühlen. Denn frei und selbstbestimmt ist man im größten Bordell der Welt nicht.

Geschrieben von Bettina

Unser Filmtipp:
Bangladesch – Im Bordell von Daulatdia (Eine ARTE Reportage von 2020).
Hier online verfügbar.


Quellen Text:

ARTE Reportage (2020): Bangladesch: Im Bordell von Daulatdia. Zugriff am 08.10.2020 unter www.arte.tv/de/videos/073356-000-A/bangladesch-im-bordell-von-daulatdia/.

Laenderdaten.info (2017): Tourismus in Bangladesch. Zugriff am 08.10.2020 unter https://www.laenderdaten.info/Asien/Bangladesch/tourismus.php.

Quelle Foto:

https://www.insideover.com/women/daulatdia-welcome-to-the-worlds-largest-brothel.html